Das „vereinfachte“ Wahlverfahren – Alles andere als einfach


von Kerstin Heinz

Als der Gesetzgeber im Jahr 2001 das Betriebsverfassungsgesetz novelliert hat, hatte er es sich zum Ziel gesetzt, dass in kleineren und mittelständischen Betrieben die betriebliche Mitbestimmung weiter Fuß fasst.
Der Gesetzgeber wollte daher durch das vereinfachte Wahlverfahren nach § 14 a BetrVG die erstmalige Wahl von Betriebsräten in diesen Betrieben erleichtern. Tatsächlich haben sich nach 2002 mehr Betriebsräte gebildet, doch einfach ist das Wahlverfahren nicht.

Warum das Verfahren nur in der Theorie „vereinfacht“ ist. Das vereinfachte Wahlverfahren setzt vor allem auf verkürzte Fristen: Besteht bisher kein Betriebsrat müssen innerhalb einer Woche zuerst der Wahlvorstand und danach der Betriebsrat gewählt werden. Die wesentlichen Schritte der Wahl bleiben dabei allerdings erhalten:

  • Wahlausschreiben
  • WählerInnenliste
  • KandidatInnen mit UnterstützerInnen-Unterschriften
  • Möglichkeit zur Briefwahl
  • Bekanntgabe der Wahl

Da dem Wahlvorstand also nur ein sehr kurzer Zeitraum für die Vorbereitung der Wahl zur Verfügung steht, ist es äußerst hilfreich, wenn die Arbeitnehmer, die eine erste Betriebsratswahl oder eine Betriebsratswahl, bei der der Wahlvorstand erst gewählt werden muss (z. B. wegen Rücktritt des alten Betriebsrats), initiieren wollen (Initiativgruppe) schon umfangreiche Vorarbeit leisten und ggf. später auch den Wahlvorstand unterstützen bzw. als Wahlvorstand tätig werden.

Die größte Hürde stellt die erste Betriebsversammlung dar. Sie muss gut vorbereitet sein, um Fehler zu vermeiden. Wesentliche Schritte sind dabei Folgende:
  • Die Wahl der Versammlungsleitung (in der Regel aus der Initiativgruppe zur Betriebsratswahl, der so genannten „einladenden Stelle“).
  • Die Vorstellung des Wahlverfahrens, damit die Kolleginnen und Kollegen wissen, wie die demokratischen Wahlen funktionieren.
  • Die Wahl des Wahlvorstands, des Wahlvorstandsvorsitzes und der Ersatzmitglieder im Wahlvorstand.
  • Die Beratung und die Verabschiedung des Wahlausschreibens und der WählerInnenliste, anhand der vom Arbeitgeber zusammengestellten erforderlichen Unterlagen. Diese erhält der Wahlvorstand erst in der Betriebsversammlung in einem versiegelten Umschlag.
  • Das Sammeln und die formale Prüfung von Kandidaturen.
  • Die Ankündigung, wann und wo die Wahlen stattfinden werden.

Was ist wichtig?

Gerade für das vereinfachte Wahlverfahren ist eine gute Zusammenarbeit zwischen Initiativgruppe zur Betriebsratswahl und dem Arbeitgeber von großem Vorteil für beide Seiten:

  • Ob ein vereinfachtes Wahlverfahren stattfinden kann, hängt von der Größe des Betriebes ab. Bis zu einer Betriebsgröße von 100 wahlberechtigten Arbeitnehmer*innen muss der Betriebsrat in einem vereinfachten Wahlverfahren gewählt werden. In Betrieben mit in der Regel 101 bis 200 wahlberechtigten Arbeitnehmer*innen können der Wahlvorstand und der Arbeitgeber die Anwendung des vereinfachten Wahlverfahrens vereinbaren. Da die Informationen zur WählerInnenliste laut Gesetz aber erst dem Wahlvorstand offiziell zur Kenntnis kommen, sind informelle Absprachen mit dem Arbeitgeber schon im Vorfeld wichtig. Nur dann kann man ungewünschte Überraschungen (die ggf. auch mit unnötigen zusäzlichen Kosten verbunden sind) auf der ersten Betriebsversammlung vermeiden und die weiteren Termine der Wahl sinnvoll planen.
  • Letztendlich kann dem Arbeitgeber nur empfohlen werden, eine Wahlschulung bereits dann anzuberaumen, wenn die Initiativgruppe die Wahl vorbereitet und potenzielle Wahlvorstandsmitglieder schulen zu lassen. Jeder Fehler trifft nämlich bei einer Anfechtung ggf. den Geldbeutel des Arbeitgebers als Erstes.
  • Für die Initiativgruppe dürfte es vor allem wichtig sein, bereits im Vorfeld bei der Belegschaft die Bereitschaft zu Kandidaturen für das Betriebsratsamt unverbindlich abzufragen. Immerhin müssen die KandidatInnen ihre Kandidatur bereits in der ersten Wahlversammlung bekannt geben.

Bei der ersten BR-Wahl im vereinfachten Wahlverfahren haben wir damals folgende Erfahrungen gemacht:

Als Anbieter für Betriebsräte-Seminare konnten wir im Poko-Institut natürlich die Kontakte zu unseren in Betriebsratswahlfragen erfahrene Referenten nutzen und auf sehr gute Materialien und Hilfen zurückgreifen.
Auch die Kooperation mit dem Arbeitgeber stellte sich als unproblematisch heraus. Diesbezüglich zahlte sich insbesondere auch die gute Vorbereitung durch die Initiativgruppe und deren frühe Einbeziehung des Arbeitgebers in die Vorbereitung der Wahl aus.
Dem großen Interesse in der Belegschaft und dem Engagement auf allen Seiten war es dann zu verdanken, dass wir eine Wahlbeteiligung von 100 % und 100 % gültige Stimmen verzeichnen konnten.

Unsere Hilfestellung zur Betriebsratswahl

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Zu den Betriebsratswahlen bieten wir Ihnen umfangreiche Unterstützung und Service. Rufen Sie uns einfach an unter 0251 – 1350-1350.

Weitere detaillierte Hinweise zur Gründung eines Betriebsrats

Weitere Infos zu den Betriebsrats-Wahlenverfahren finden Sie in der neu überarbeiteten 5. Auflage des Buches Betriebsratswahl – Handbuch zur fehlerfreien Wahldurchführung von Tilman Anuschek/Thomas Schrader, Erscheinungsdatum Juni 2021.